Irgendwie hat sich Gracie Hart (Sandra Bullock) ihren
Beruf anders vorgestellt. Die ebenso toughe wie
unfeminine FBI-Agentin hat gerade den letzten Einsatz
versaut, weswegen ihr Chef (Ernie Hudson) mächtig sauer
auf sie ist. Noch schlimmer: Von ihrem Kollegen Agent
Eric Matthews (Benjamin Bratt) läßt sie sich dazu

breitschlagen,
als verdeckte Ermittlerin bei der Wahl zur „Miss USA“
mitzumachen, um einen potentiellen Bombenanschlag zu
vereiteln. Was für ein Alptraum: Als „Gracie Lou
Freebush“ auf hohen Schuhen trippeln, sich im Badeanzug
präsentieren und den Weltfrieden wünschen. Um überhaupt
erstmal als Schönheitskönigin durchzugehen, muss sie
sich auch noch in die manikürten Hände von Victor
Melling (Michael Caine) begeben, der den aussichtslosen
Fall (als er sie das erste Mal gehen sieht, proklamiert
er entsetzt: „I haven’t seen a walk like that since
Jurassic Park!“) denn doch zu einer passablen Kandidatin
macht. Aber wer könnte die Veranstaltung sabotieren
wollen? Die Leiterin der Wahl Kathy Morningside (Candice
Bergen) oder ihr Kollege Stan Fields (William „Cpt. Kirk“
Shatner, nicht ohne Selbstironie betreffs seines Äußeren)?
Der leicht dümmlich wirkende Assistent Frank (Steve
Monroe)? Oder aber Gracies neue beste Freundin, die eher
simpel gestrickte „Miss Rhode Island“ Cheryl (Heather
Burns)?

Was
würde Hollywood bloß ohne den Job des Polizeispitzels
machen. Unzählige Thriller und Komödien wurden bereits
aus diesem Thema gestrickt, und hier nun ein weiterer
Film aus der letzteren Kategorie. Ist ja auch
theoretisch ’ne ganz lustige Idee: Sandra Bullock als
burschikose Polizistin, die die Welt der hirnlosen
Barbiepuppen bei einem Schönheitswettbewerb infiltrieren
soll. Aber wie das mit dem Unterschied zwischen Theorie
und Praxis so ist, hat es mit der Umsetzung nicht
wirklich geklappt. Wenigstens muss man dies nicht Sandra
Bullock zuschreiben. Nach ihrem eher mäßig erfolgreichen
Versuch im Charakterfach („28 Days“) rekapituliert sie
hier denn lieber ihre „Speed“-Rolle: Große Klappe,
niedliches Aussehen, nette Art. Das kann Sandra Bullock
und das macht sie auch gut. Benjamin Bratt, bisher
eigentlich nur als Langzeitfreund von Julia Roberts in
Erscheinung getreten, scheitert dagegen schon fast an
der winzigen Hürde des oberflächlich eine gute Figur
machen und bringt seinen Charakter doch reichlich
hölzern rüber. Der heimliche Star ist hier sowieso
Michael Caine als rosa gewandeter schwuler Typberater
mit britischer stiff upper lip. Ach, hätte man dem Mann
doch mehr Leinwandzeit gegeben! Denn das Mini-„My Fair
Lady“-Intermezzo zwischen ihm und Bullock ist eigentlich
das lustigste am ganzen Film, dauert jedoch nur ein
Viertelstündchen. Wenigstens darf Caine zum Finale noch
mal für ein bisschen Spaß sorgen.
Die zu knapp bemessenen Szenen Caines verdeutlichen ein
Hauptproblem von „Miss Undercover“: So sehr das Timing
in Komödien dieser Art eigentlich alles ist, so wenig
haut es hier hin. Während die Pointen in der ersten
Hälfte präzise balanciert sind, verliert der Film auf
halber Strecke völlig sein Timing und Tempo. Entgegen
der durchaus nicht unüblichen Idee, dass ein Film sich
durch steigende Spannung auf einen

Höhepunkt
hinbewegen sollte, zieht sich hier gerade die
Schlußhalbestunde hin wie ein alter Kaugummi. Und wird
man dafür mit einem erfreulich chaotischen Finale
zumindest ein bißchen entschädigt, so wird dies durch
die prompt auf den Fuß folgende Kitschattacke zunichte
gemacht.
Womit wir beim Knackpunkt von „Miss Undercover“ wären: Charaktere und
Handlung sind durchweg so cheesy wie die Pizzen,
mit denen „Gracie Lou“ ihre Kolleginnen besticht.
Klischee um Klischee wird uns hier aufgetischt,
schlimmer jedoch: Keines der Stereotypen wird auch nur
ansatzweise hinterfragt oder mit
wirklicher
Ironie entlarvt. Weswegen dann solch kitschiger
Schmonzens wie Gracies Rede darüber, dass ihre
Kolleginnen zwar unter den üblichen Vorurteilen (vor
allem natürlich in Bezug auf das Denkvermögen) zu leiden
hätten, aber alles ganz tolle, intelligente Menschen
wären, reichlich unpassend ist. Schön und gut, das
wollen wir ja sogar noch glauben, dass man so manche
Naivität durch Herzensgüte wettmacht, einzig: Der Film
präsentiert uns die Schönheitsköniginnen durchweg als
strunzdoofe eindimensionale Püppchen.
Weswegen der Film nicht zu leugnende und bisweilen
ärgerliche Tendenzen zu chauvinistischen
Allgemeinplätzen hat, gerade auch in Bezug auf den
Bullock-Charakter: Stark und selbständig führt zwar zur
Belustigung des Publikums, jedoch auch zur Vereinsamung
der Frau und so richtig glücklich und erfüllt fühlt sie
sich denn doch nur, wenn sie mit Schminke und Kleidchen
unterwegs ist. Dazu unterliegt man hier der fragwürdigen
Logik aus Teenieliebeskomödien à la „Eine
wie keine“: Der potenzielle (natürlich)
gutaussehende Freund ist an der Außenseiterin erst
interessiert, nachdem sie sich möglichst fraulich
herausgeputzt hat und er ganz plötzlich und überraschend
entdeckt (als wäre er vorher mit Blindheit geschlagen),
wie schön sie doch ist.
Diese Logik der Oberflächlichkeit ist für diesen Film so
trauriger- wie ironischerweise gar nicht mal so verkehrt,
denn nicht nur auf die dargestellte heuchlerisch-kaputte
Welt der Fleischbeschauung passt sie wie die Faust aufs
Auge, sondern auch auf dieses filmische Leichtgewicht.
Ein Streifen wie sein Sujet: An der äußersten Oberfläche
strahlend, aber innen hohl und hirnlos.